Gibt es einen Haken am Baustoff Hanfkalk?
Der Haken bei Hanfkalk ist, dass es zu wenig genutzt wird. Ein Grund dafür sind noch fehlende bauaufsichtliche Zulassungen und Zertifikate. Hier besteht Aufholbedarf in Sachen Forschung und Formalien. Ein weiter Grund ist, dass die Initialkosten oft höher sind als für konventionelle Baustoffe. Das liegt aber weniger am Baustoff als an Marktwirtschaft und ineffiziente Ressourcenverteilung. Zement und Styropor z.B. ist mit enormen Umweltbelastungen und Energieverbrauch verbunden. Dennoch sind es günstige Baustoffe u.a., weil die ökologischen Kosten von Herstellung und Entsorgung nicht mitgerechnet werden. Würde diese Kosten im Rahmen einer Lebenszyklus-Analyse im Preis reflektiert, würde Hanfkalk mit Sicherheit wesentlich günstiger sein. Ein weiterer Haken ist, dass Hanfkalk keine Lasten tragen kann. Für die Statik muss ein Ständerwerk eingeplant werden. Jedoch gibt es keinen Baustoff, der alles kann und Hanfkalk kann schon ziemlich viel.
Felix Drewes, Hanfbaukollektiv

Foto: Straub Hanf und Kalk, Reinhold Straub
Ist Hanfkalk in Form von Hempcrete leicht zu verarbeiten auch ohne weitere Vorkenntnisse?
Letztlich sollten man die Machbarkeit des eigenen Projektes mal mit einem Fachmann durchsprechen. Man kann klar auch viele Fehler machen, aber das kann man mit anderen Materialien auch. Mit der richtigen Rezeptur und Anleitung kann man eigentlich schon selbst loslegen. Maschinelles Einbringen würde ich immer den Profis überlassen.
Simon Haag, Bauherr

Foto: Lara-Marie Krauße
Warum haben Sie sich für den Baustoff Hanfkalk entschieden?
Im Grunde war es eine intuitive Entscheidung bei mir. Ich hatte einfach das starke Gefühl, dass dort mein Weg liegen würde. Natürlich haben mich auch die vielen Eigenschaften der Rohstoffe - Hanf und Kalk - selbst stark begeistert. Heute ist für mich klar, dass ich mit Hanfkalk und weiteren regionalen und natürlichen Baustoffen eine wachsende Nachfrage bedienen darf.
Reinhold Straub, Straub Hanf und Kalk

Foto: Lara-Marie Krauße
Ist Hanfkalk teurer als herkömmliche Baustoffe?
Nein, nicht zwingend. Für mich ist es so, wenn ich natürlich und ökologisch baue, erhalte ich viele weitere Dinge, die mit Geld nicht aufzuwiegen sind oder sich später wirklich stark auszahlen. Wir sollten beim Bauen wieder Verantwortung übernehmen für das, was uns unmittelbar betrifft und umgibt. Das hat einen großen Einfluss.
Reinhold Straub, Straub Hanf und Kalk
Sind Sie zufrieden mit dem Endergebnis und würden Sie sich wieder für das Bauen mit Hanf entscheiden?
Ich bin sehr mit dem Ergebnis zufrieden. Die Jungs haben eine super Arbeit gemacht. Ich bin sehr überzeugt von dem Produkt und dem Ergebnis.
Simon Haag, Bauherr
Wie sehen Sie die Zukunft der Baubranche allgemein? Welche Rolle spielt Nutzhanf als Baustoff darin?
Der Markt für Hanfkalk steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Allerdings bemerken wir steigendes Interesse an ökologischen Baustoffen und Hanfkalk, nicht zuletzt durch höheres Umweltbewusstsein der Verbraucher und steigenden politischen Druck. Neben der Landwirtschaft trägt der Bausektor von Herstellung über Nutzungsphase bis Abriss mit geschätzten 40-50% der globalen Treibhausgasemissionen, 40% Energie-, 15% Frischwasser-, 40% Mineralienverbrauch (besonders Sand) und 20-30% Abfall und Einsatz von Chemikalien ganz erheblich zur Destabilisierung unserer Ökosysteme bei. Eine Bauwende hin zu enkeltauglichen Materialien ist dringend notwendig. Für Hanf sehe ich hierbei besondere Chancen, aufgrund der möglichen Koppelnutzung für andere Wirtschaftszweige. Hanf ist in der Industrie unglaublich vielseitig anwendbar und wächst sehr schnell, bindet also viel CO2 in relativ kurzer Zeit.
Felix Drewes, Hanfbaukollektiv